Sajama bis La Paz (10.03 bis 13.03.)
Wir verlassen das Bergsteigerdorf Sajma auf dem Tandem und fahren weiter auf dem Altiplano. Am frühen Mittag kommen wir an einem Restaurant vorbei und entscheiden uns für eine Rinderbrühe mit Kartoffeln und weiteren Einlagen. Noch etwas Brot und eine Cola dazu und wir sind gestärkt und aufgewärmt für den Rest des Radtages. Und das für umgerechnet nichtmal zwei Euro. Was ein Kontrast zum teuren Patagonien. Die Landschaft wird immer abwechlungsreicher, aber es ziehen auch dunkle Wolken auf. Wir sind schnell unterwegs und erreichen unser Tagesziel schon gegen 14.30 Uhr und bleiben zum Glück trocken. Anders als in Argentinien haben wir in Bolivien Glück mit dem Wechselkurs. Für unsere Unterkunft in einem nicht touristischen Dorf zahlen wir knapp 6 Euro. Die Matratzen sind zwar durchgelegen, aber die Laken sauber. Preis Leistung ist also unschlagbar. Wir unternehmen einen Dorfrundgang, beobachten dabei die Bevölkerung und werden in einen Raum gebeten, in dem gerade eine traditionelle Versammlung in lokaler Tracht stattfindet, von welcher wir Fotos machen dürfen. Zum Abendessen gibt es frittiertes Hähnchen mit Pommes und Reis und als zweiten Gang eine Suppe.
Der nächste Tag hat es in sich. Auf fast 4000 Metern über dem Meer 100 km und dazu noch einiges an Höhenmetern. Am Ende können wir fast nicht mehr im Sattel sitzen, aber die Strecke gefällt uns gut und es ist auch nicht viel Verkehr. In unserer Unterkunft probieren wir als erstes Charquekan als Nachmittagssnack. Dabei handelt es sich um getrocknetes Lama Fleisch mit gekochtem Mais, Ei und Kartoffeln. Abends entscheiden wir uns dann aber doch für die Pizzeria der Kleinstadt und bereuen die Entscheidung nicht – erstaunlich leckere Pizza.
Wir schlafen lange und gut, trotzdem fühlen wir uns am nächsten Tag ziemlich fertig und entscheiden spontan mit einem Minibus die letzte Etappe nach La Paz zu fahren. Der Busfahrer lädt mit Paul mit einer Selbstverständlichkeit das Tandem aufs Dach, als würde er das öfter machen. Aber gut, hier wird halt alles, was nicht ins Auto passt oben drauf gepackt. Im Bus unterhalte ich mich mit einer Einheimischen über Leben und Beruf und Unterschiede zwischen Bolivien und Deutschland. Wir merken schon, dass unser Spanisch besser ist als am Anfang der Reise, trotzdem ist da noch viel Luft nach oben. Während wir gemütlich auf La Paz zu rollen regnet es draußen immer wieder und wir sehen einige Radreisende. Die letzten 20 km vor der Stadt ist aber viel Verkehrschaos und Radfahren sicher ziemlich unlustig. Wir werden so zu sagen am oberen Rand des Kessels, in El Alto, abgesetzt und können ganz entspannt ins Zentrum rollen. Nach einem Zwischenstopp bei einem Shimano Shop und einem veganen Mittagessen erreichen wir die Casa Cyclista. Eine Wohnung in der Radreisende für kleines Geld übernachten dürfen und irgendwie ein Ort, der viele Geschichten erzählt. Paul war bereits einmal hier, allerdings ist das circa 11,5 Jahre her. Er hat sich damals nicht an einer der Wände verewigt wie so viele andere, daher durchblättere ich das Gästebuch um seinen Namen zu finden. Ich finde ihn nicht, dafür aber den Namen einer Goldbacherin, die damals mit mir im Trampolin Verein war und dort oft mit dem Einrad hin kam. Verrückt, wie klein die Welt manchmal ist. Wir nutzen die große Restaurant Auswahl in der Hauptstadt und ich trinke meinen ersten Pisco Sour.
Seit einigen Jahren gibt es Seilbahnlinien von Dopplmayr als öffentliche Verkehrsmittel in der Stadt. Perfekt um eine entspannte Stadtrundfahrt zu machen und das Treiben aus der Höhe zu beobachten. Wir schweben über Sportplätze, Villenviertel, Friedhöfe, Märkte und entlang von Hochhausfassaden. Teilweise geht es sehr steil bergauf und bergab und die Ausblicke sind fantastisch. Wir verkaufen unsere Trekkingausrüstung an einer Schweizer der einen Laden mit Second Hand Bergsteiger Artikeln führt. In diesem Zuge beschließen wir auch Zelt und Isomatten zu verkaufen. Auf den kommenden Strecken sollte ein ausreichendes Netzt an – sicherlich teilweiße einfachen – Unterkünften vorhanden sein. Ganz komisches Gefühl, aber wir denken Camping wird sich auf dieser Reise nicht mehr so oft anbieten.