Rurrenabaque Pampas und Dschungel (21.03. bis 25.03.)
Wir checken aus unserer Unterkunft aus und radeln das kurze Stück zu der Agentur, bei der wir unsere Tour gebucht haben. Unser Tandem tauschen wir gegen Gummistiefel und weiße Hemden, unsere Radklamotten lassen wir zurück und nehmen dafür ordentlich Moskitospray mit. Und dann geht es los. Unsere Gruppe besteht aus vier Leuten, außer uns sind noch zwei achtzehnjährige Niederländerinnen dabei. Zuerst fahren wir ein gutes Stück Auto, von welchem aus wir schon ganz viele Capibahras sehen. Dann ist unser erster Halt ein Restaurant wo es reichlich Mittagessen gibt, aber nicht nur das. Die Betreiber halten auch einen Tucan und Papageien als Haustiere. Besonders der Tucan ist sehr beeindruckend aus der Nähe zu sehen. Die Farben seiner Federn, Augen und des Schnabels sind so intensiv, dass das ganze Tier unglaublich künstlich aussieht. Trotzdem sind wir natürlich viel gespannter auf die wilden Tiere, welche wir auf der Tour zu sehen erwarten. Eine kurze Autofahrt vom Restaurant entfernt erreichen wir dann den Bootsanleger. Dort tummeln sich einige Gruppen von Touristen, die einen in vorfreudiger Erwartung, die anderen, gerade zurück von der Tour, voller neuer Eindrücke und müde. Wir treffen unseren Guide Ernesto, beladen das Boot und schon geht es los. Wir tuckern über das dunkle Wasser, umgeben von Pflanzen und genießen die neue Perspektive. Und dann, wir sind gerade ein paar Minuten unterwegs, tauchen schon die ersten rosa Flussdelfine auf. Wir beobachten sie beim Schwimmen und Spielen und sind sehr fasziniert. Irgendwann setzen wir unsere Fahrt fort und entdecken unzählige weitere Tiere. Kapuzineräffchen, die ganz neugierig sogar zu uns aufs Boot kommen, eine Eule, Schildkröten, Cappuccino Affen und viele verschiedene Vögel, unteranderem fliegen zum Beispiel blau gelbe Aras (Papageien) vorbei. Drei Stunden sind wir bei strahlendem Sonnenschein unterwegs, immermal wieder verlassen wir den Hauptfluss und kürzen durchs Gestrüpp ab. Dann erreichen wir am Nachmittag unsere Lodge auf Stelzen für die nächsten zwei Nächte. Vom Aussichtspunkt aus beobachten wir den Sonnenuntergang und dann gibt es reichlich Abendessen. Danach brechen wir nochmal mit Taschenlampen auf, um auf Kaimansuche zu gehen. Viel von den gruseligen Reptilien finden wir nicht, aber die Stimmung, als sowohl der Bootsmotor und auch die Taschenlampen aus sind, ist eine ganz besondere. Der Mond ist noch nicht aufgegangen und wir treiben bei nächtlichen Dschungelgeräuschen langsam über den Fluss und sehen einen fantastischen Sternenhimmel. Zurück an unserer Lodge duschen wir Unmengen an Moskitospray und Sonnencreme ab und legen uns bei immernoch tropischer Hitze in unsere Betten.
Am nächsten Morgen steht eine Sonnenaufgangsfahrt an. Wir treffen uns um sechs Uhr am Boot und tuckern zu einem schönem Spot, auf der Rückfahrt sehen wir sogar einen kleinen Ameisenbär in einem Baum und einige Brüllaffen. Und dann werden Pancakes und Obst zum Frühstück serviert. Während wir so vor uns hinschlemmen (wir versuchen uns zurückzuhalten, die zwei Mädels sind ganz überrascht wie viel wir essen können), schwimmt einfach ein riesiger Kaiman an der Lodge vorbei. Als nächster Programmpunkt folgt die Schlangensuche. Dazu stapfen wir in Gummistiefeln über zwei Inseln. Paul hasst Schlangen, während ich sie für wunderschöne und faszinierende Tiere halte. Trotzdem habe auch ich ordentlich Respekt, denn es soll sowohl giftige, als auch Würgeschlangen geben. Auf der ersten Insel finden wir nichts außer tausende Moskitos. Zum Glück hilft das lokale Mückenspray mit 25 Prozent Deet echt gut. Auf der zweiten Insel ist noch eine weitere Gruppe unterwegs und die entdeckt eine Klapperschlange auf Augenhöhe in einem Baum. Wir trauen uns nicht besonders nah ran, denn ihr Biss kann tödlich sein. Unser Guide hat zwar ein Gegengift dabei, das macht uns aber nicht mutiger. Die Jungs der anderen Gruppe sind da weniger besorgt, daher drücke ich einem mein Handy in die Hand, um aus circa 2 Meter Entfernung ein Foto zu machen. Damit ist unsere Mission Schlangensuche erfolgreich und wir kehren zur Lodge zurück um lecker Mittag zu essen und uns etwas auszuruhen. Nachmittags geht es wieder los, diesmal mit dem Ziel Piranhas zu angeln. Allerdings erfahren wir vorher schon, dass dies in der Regenzeit meist weniger erfolgreich ist. Im Allgemeinen sind die Unterschiede wohl sowieso relativ groß, ob man die Tour während der Regen- oder der Trockenzeit macht. Zum Glück regnet es nicht, während wir auf dem Boot unterwegs sind, was während der Regenzeit sehr wahrscheinlich ist. Andere Untschiede sind aber auch, dass der Wasserpegel zur Trockenzeit viel niedriger ist und man dadurch viel mehr laufen muss, weniger Flussdelfine, aber dafür mehr Schlangen und Kaimane sieht. Und so ist unser Projekt Piranhas angeln auch nicht wirklich erfolgreich. Wir spüren kleine Mini Fische an unseren Angeln ziehen, aber es beißt nichts an. Wir sind aber nicht wirklich enttäuscht. Erstens haben wir ja schon Piranha gegessen und zweitens finden wir es sowieso spannender weitere Affen, Delfine und Vögel zu beobachten. Und dann genießen wir auch noch den magischen Sonnenuntergang vom Wasser aus. Nach dem Abendessen stellen wir unserem Guide Ernesto noch viele Fragen. Wir wollen wissen wie lange er den Job schon macht, wie er zu der Agentur gekommen ist, ob er Kinder hat und was er schon für gefährliche Situationen erlebt hat. Es ist vielleicht ganz gut, dass wir letzteres erst am letzten Abend unserer Pampas Tour fragen, denn tatsächlich wurde schon einmal jemand von einer Klapperschlange gebissen und ein anderer mit einem Bein im Maul eines Kaimans ins Wasser gezogen. Beide haben überlebt, aber die Vorstellung ist schon sehr gruselig. Einfach schon, wenn man überlegt, wie viele Stunden Boots- und Autofahrt das nächste Krankenhaus entfernt ist. Als das Thema auf Faultiere kommt und Ernesto erfährt, dass wir auf dem Weg aus dem Auto heraus noch keine gesehen haben, bietet er uns an am nächsten Morgen wieder früh aufzubrechen um auf Faultier Suche zu gehen. Da muss er uns nicht zweimal fragen. So gehen wir voller Eindrücke ins Bett, aber nicht bevor wir jeder mit einem giftgrünen Frosch mit großen schwarzen Augen die Dusche geteilt haben. Unser Faultier Ausflug ist leider nicht erfolgreich, aber oft findet man wohl das, was man gerade nicht sucht. In diesem Fall unteranderem einen Tucan, der über unsere Köpfe fliegt. Nach dem Frühstück steht der letzte Programmpunkt in der Pampa an. Wir wollen mit den Delfinen schwimmen. Bisschen waghalsig finden wir das schon. Kaimane, Schlangen, Piranhas… und was wissen wir schon, was noch so alles im dunklen Amazonaszufluss herumschwimmt. Ernesto sagt aber, dass man da wo Delfine sind, sicher ist. (Außer man hat eine offene Wunde, dann kommen die Piranhas.) Er steuert mit uns den ersten Spot an, an dem eigentlich immer Delfine sind. Nur als wir dort ankommen nicht. Er sagt, wir sollen trotzdem ins Wasser gehen, vielleicht kommen die Delfine dann. Die Verunsicherung ist groß. Wo keine Delfine sind, sind doch bestimmt viele andere gefährliche Tiere?! Aber als Ernesto selbst ins Wasser springt, trauen wir uns auch. Fühlt sich schon etwas verrückt an, aber unser Guide wird schon wissen, was er tut und die Erfrischung ist auch sehr schön. Als nach ein paar Minuten aber keine Delfine auftauchen gehen wir wieder zurück aufs Boot. Wir wollen unser Glück an einer anderen Stelle versuchen. Dort sind Delfine, allerdings kommen sie uns nicht näher als 20 m. Aber das ist auch okay, sie sind schon ganz schön groß. Wir fahren zurück zur Lodge, genießen ein letztes Mittagessen und fahren dann mit dem Boot zurück zum Ausgangspunkt. Auf der Rückfahrt nach Rurre entdeckt Ernesto sogar noch zwei Faultiere für uns in den Bäumen. Wir hätten die im Vorbeifahren niemals gesehen. Außerdem quert ein Otter die Straße und wir sehen eine weitere giftige Schlage ins Gebüsch kriechen. So viele verschiedene Tiere haben wir noch nie in so kurzer Zeit gesehen. Unsere Rückkehr zum Tourbüro bedeutet für die beiden Mädels aus den Niederlanden das Ende der Tour, während es für uns weiter geht zu Teil zwei.
Wir erhalten Moskitonetz und eine Art Bettlaken. Auch die Gummistiefel kommen wieder mit. Diesmal gehört zu unserer Gruppe auch Magda aus Deutschland, sie reist schon seit 2,5 Jahren durch Südamerika und hat viel erlebt. Gemeinsam fahren wir wieder mit einem Boot den Rio Alto Beni hoch. Der hat ganz schön Hochwasser und wir sind froh, als wir anlegen und wieder festen Boden unter den Füßen haben. Unsere Übernachtungsstätte ist eine Familie, die in einer Gemeinschaft am Rande des Dschungels lebt und nur über den Fluss mit der Zivilisation verbunden ist. Das klingt etwas aufregender als es tatsächlich ist. Es gibt 24 h Strom und eine eigens für Touristen gebaute Holzhütte zum übernachten. Wir bekommen Abendessen serviert und während wir essen liegt die Frau in der Küche auf dem Boden und schaut vermutlich Tiktoks auf dem Handy. Hatten wir nicht ganz so erwartet, aber wir unterhalten uns gut mit Magda und spielen Uno.
Am nächsten Morgen gibt es mal wieder Pancakes, auch da merkt man, hier ist alles auf den Tourismus ausgerichtet, aber da wollen wir uns nicht beschweren. Dann kommt unser Guide mit dem Rest der Gruppe an. Diesmal heißt er Amilcar und ist selbst in einer Gemeinschaft im Dschungel aufgewachsen. Die anderen vier sind alle Franzosen (was nicht überrascht, die Agentur gehört einem Franzosen), aber sprechen alle ganz gut Englisch und Spanisch. Und ja, da hatten wir schon andere Erfahrungen auf der Reise. Zuerst gehen wir zu einer anderen Familie in der Gemeinschaft und laufen durch deren Garten. Dort wachsen Mandarinen, Limetten und Bananen, aber auch Kakao. Wir öffnen eine Kakaofrucht. Die Bohnen sind von weißem Fruchtfleisch ummantelt, das kann man lutschen wie ein Bonbon und es schmeckt sehr fruchtig. Den Prozess des Fermentieren und Trocknens haben wir ja schon gesehen und das passt perfekt, denn hier gehen wir direkt dazu über die getrockneten Bohnen über dem Feuer zu rösten, bis man die Schale knacken hört. Dann schälen wir die Bohnen und mahlen sie ganz fein.
Den puren Kakao mischen wir dann einmal nur mit Wasser und einmal mit Wasser, Milchpulver und Zucker. Dazu erhalten wir Bananen, die wir in die selbst gemischten Schokosaucen tunken dürfen. Danach stellen wir noch eigenen Zuckerrohrsaft her und basteln Schmuck aus Samen aus dem Dschungel, die wie Perlen aussehen. Nach dem Mittagessen startet dann der anstrengende Part. Wir packen unsere Rucksäcke für den Dschungel mit den Moskitonetzen, Wasser, Essen, Moskitospray etc. und ziehen unsere Gummistiefel an. Und dann geht es los. Im Prinzip sind es nur sechs Kilometer. Zuhause wäre das ein leichtes, aber es geht steil bergauf und bergab, wir balancieren über Baumstämme, stapfen durch tiefen Schlamm und es ist so unglaublich schwül warm. Alle sind froh als wir nachdem wir an giftigen Bäumen mit Stacheln und verrückten Pilzen vorbeigelaufen sind, unser Lager erreichen. Das liegt nahe einem kleinen Fluss und besteht aus einer großen abgespannten Plane und einer Feuerstelle. Einige Isomatten, Töpfe und Geschirr sind auch vor Ort und den Rest haben wir mitgebracht. Noch können wir uns aber nicht ausruhen, sondern müssen Feuerholz besorgen. Das bedeutet dem Bach ein Stück zu folgen und dann mit einer Axt einen massiven Baumstamm in tragbare Teile zu hauen. Als das erledigt ist können wir endlich in den Bach und uns erfrischen. Danach richten wir unsere Lager für die Nacht und dann wird gekocht, während Amilcar das Feuer anheizt. Es gibt Nudeln mit Gemüse und zwar ein Kilo für acht Leute. Da ist Zurückhaltung unsererseits gefragt, wo wir doch normalerweise zu zweit die Hälfte davon essen würden. Aber wir müssen nicht hungrig schlafen gehen, was entweder daran liegt, dass ordentlich Magariene unter die Nudeln gemischt wird oder daran, dass Magda die restliche Schokosauce vom Vormittag eingepackt hat und wir die mit Keksen essen. Als wir dann so zusammen am Feuer sitzen, um uns der dunkle Dschungel, erzählt uns Amilcar eine Geschichte auf die wir schon den halben Tag gewartet haben. Es geht um ein Ereignis vor 40 Jahren, als zwei Einheimische im Dschungel jagen waren und von indigenen Dschungelbewohnern, welche ohne Kontakt zur Außenwelt leben, gefangen genommen und verschleppt wurden. Fünf Jahre lebten sie mit den Indigenen, bevor sie es schafften zu fliehen. Und damit nahmen sie ein hohes Risiko auf sich, denn die Indigenen drohten damit sie umzubringen. Amilcar erzählt das alles natürlich viel ausführlicher und mit spannenden Details. Trotzdem hat glaube ich keiner von uns bedenken, dass jemand verschleppt werden könnte. Die ganzen Insekten und Reptilien von denen wir über Nacht nur durch ein Moskitonetz getrennt sind, geben uns mehr zu denken. Aber letztendlich sind wir nicht die ersten Touristen, die im Dschungel übernachten und die meisten kommen wohl lebend wieder raus. Damit auch wirklich alles gut läuft bringen wir noch ein Opfer für Pachamama, Mutter Natur sozusagen. Ein paar Cocablätter, zwei Zigaretten und ein bisschen Alkohol. Dazu zünden wir eine Kerze an. Hoffen wir mal Pachamama steht auf legale Drogen. Bevor ich ins Bett gehe treffe ich am Bach noch auf eine riesige rote Spinne, aber Amilcar sagt, dass die harmlos ist. Dafür tötet er ein anderes Insekt, das Paul im Schein der Taschenlampe ins Gesicht fliegt, denn das ist wohl giftig und sieht auch ganz wild aus.
Mit der Hoffnung, dass unser Moskitonetz also nicht nur Moskitos abhält, legen wir uns auf unsere Isomatten. So richtig tief schlafen wir nicht in der Nacht. Die Isomatten sind unglaublich dünn und der Schlafplatz schon sehr aufregend. Am nächsten Morgen trinken wir Zimttee, den wir aus der Rinde eines Baumes kochen und essen dazu mitgebrachte Brötchen. Dann machen wir uns auf den Rückweg. Amilcar legt wie am Tag zuvor wieder ein flottes Tempo vor, aber letztendlich kommen wir alle wieder wohlbehalten an unserem Ausgangspunkt an. Pachamama findet Zigaretten und Alkohol also scheinbar ganz gut. Wir basteln noch unseren Dschungelschmuck fertig und bekommen Mittagessen serviert.
Und dann geht es wieder aufs Boot, es steht noch ein letzter Programmpunkt an. Wir steuern ein Ufer an und müssen dafür durch starkes Wildwasser queren. Das lässt mich nicht ganz kalt, denn der Wasserstand ist definitiv eine Ausnahmesituation und sicher eine Herausforderung für unseren Bootsfahrer. Aber wir legen sicher an und laufen direkt los. Es ist nicht weit bis zu unserem Ziel. Der Canyon ist sehr schmal und hoch, als wir ihn betreten fliegen uns Fledermäuse entgegen und unsere kleine Wanderung durch diese Schlucht ist unglaublich beeindruckend. Die Bilder dazu sagen mehr, als wir mit Worten beschreiben könnten. Mit der Rückkehr zum Boot und der Fahrt zurück in den Ort ist unsere Tour beendet. Wir dürfen in der Agentur noch duschen, holen uns eine Pizza und radeln dann zum Nachtbus, der uns den ganzen Weg zurück nach La Paz bringen soll. Unserer Einschätzung nach bisschen viel Abenteuer zusätzlich, kennen wir doch die Straße schon vom Fahrrad. Aber wieder hochradeln wollen wir auch nicht. Also vertrauen wir dem Busfahrer unser Leben an.