Alichur – Osh (20.07-29.07)
Während Beth und Max für die nächsten zwei Tage eine Wanderung vorgesehen hatten, beschlossen wir Richtung Murghab, der Provinzhauptstadt, weiter zu fahren. Die guten hundert Kilometer von Alichur aus waren ein leichtes für uns. Morgens hatten wir noch geplant die Strecke in zwei Etappen zu fahren, starker Rückenwind, asphaltierte Straße und die Aussicht auf Obst und Gemüse trieben uns aber in rasender Geschwindigkeit über die Hochebene. So saßen wir am Abend im Essensraum des Hotel Pamir. Mit uns am Tisch sieben weitere deutschsprachige Radreisende, welchen wir vorher allen schon mindestens einmal begegnet waren, außerdem eine weitere Gruppe von Radfahren aus Frankfurt und ein Paar aus Belgien. Auf dem Pamir kommen alle Radfahrer zusammen und man trifft sich immer wieder. Jeder hilft jedem wo er kann, wir bekamen zum Beispiel überflüssige deutsche Sonnencreme geschenkt. Der Austausch von welchen Gerichten man gerade träumt und wie es um die eigene Gesundheit steht ist auch groß. Aufgeplatzte Lippen, Magenprobleme oder Probleme mit der Höhe. Ganz ohne Unwohlsein kommt wohl kein Radfahrer über diese zweithöchst gelegene (teilweise) asphaltierte Straße der Welt.
Wir gönnten uns zwei Tage Pause und setzten unseren Weg dann weiter fort. Der höchste Pass stand bevor. Von Murghab auf 3600 m ü. NN ging es stetig bergauf. Vorbei an Murmeltieren und durch Hagel, wieder durch kaum besiedeltes Land. Wir schafften es auf eine Höhe von 4450 m ü. NN und stellten unser Zelt auf.
Die weiteren 200 Höhenmeter am nächsten Tag waren der Höhe geschuldet unglaublich anstrengend, dafür sahen wir unsere ersten Yaks. Oben packten wir uns warm ein, auch oder gerade weil es nicht lange bergab ging. Aufkommendem Schneeregen entflohen wir in eine Jurte. Dort aßen wir Yak-Joghurt und tranken Tee. Nach einer Stunde setzen wir unseren Weg fort und erreichten am späten Nachmittag den Karakul See. Dieser liegt 4020 m ü. NN und ist trotzdem rundherum von schneebedeckten Gipfeln umgeben. Kein Wunder, wenn der höchste Berg Tajikistans (Peak Ismoil Somoni) eine stolze Höhe von 7495 m ü. NN aufweist und knapp die Hälfte des Landes über 3000 m ü. NN liegt. Beeindruckend ist es allemal.
Mit der Verabschiedung einer anderen Radfahrerin „May the tailwind be with you“ setzten wir unsere Reise fort. Diese Worte halfen leider nichts. Der Tag war mit Gegenwind, zwei Pässen, dem Grenzübergang von Tajikistan nach Kirgistan und vielen Radfahrerbegegnungen gefüllt. Am beeindruckensten, aber auch zu verrückt für uns, war ein Baske, welcher uns entgegen kam. Dieser fährt schon seit 20 Jahren mit dem Rad um die Welt. Am Nachmittag schlossen wir zu Christian und Daniel auf, welchen wir zu diesem Zeitpunkt zum dritten Mal begegneten. Gemeinsam fanden wir einen Zeltplatz und genossen während dem Abendessen ein unglaubliches Bergpanorama. Die Landschaft auf der krigisischen Seite änderte Sich dramatisch, aus trocken und felsig in Tajikistan, wurde grün und vergletschert in Kirgistan.
Da die beiden am nächsten Tag nur 20 Kilometer ins nächste Dorf fahren wollten, trennten sich unsere Wege wieder. Wir schafften an diesem Tag 130 Kilometer, zu verlockend war die Aussicht auf ein wenig Zivilisation.
Und dann stand der letzte Tag des Pamir an. Ein letzter Pass und eine lange Abfahrt nach Osh. Obwohl wir jetzt ziemlich fit sind waren die 900 Höhenmeter eine ganz schöne Quälerei, auch weil Paul die Heuschnupfen Allergietabletten ausgegangen sind und der Anstieg mit vielen Niesern und Naseputzen Stopps gespickt war.
Doch wir haben es geschafft, 25 Tage durch das Pamir Gebirge. Wir waren dem Himmel so nahe wie selten, haben gesehen, wie einfach die Menschen im Pamir Gebirge leben, haben über tolle Ausblicke, hohe Berge und Farben gestaunt, haben bei einstelligen Temperaturen Abends vorm Zelt gefroren und bei über 40 Grad Celsius in der Mittagssonne geschwitzt, wir haben Kindern in Afghanistan gewunken und sind vielen tollen Menschen, Einheimischen wie anderen (Rad-) Reisenden begegnet. Vor allem Beth und Max, mit welchen wir fast die ersten drei Wochen unterwegs waren und deren Gesellschaft wir sehr genossen haben.
Jetzt sind wir in Osh (963 m ü. NN). Hier verbringen wir ein paar Tage, genießen unser klimatisiertes Zimmer, die gute Dusche, abwechslungsreiches, meist westliches Essen und mal wieder den Austausch mit vielen, uns bereits begegneten Radfahrern.
Auch unsere Pläne für die letzten zwei Monate unserer Reise nehmen Gestalt an. Wir wollen noch etwas durch Kirgistan und Kasachstan radeln und dann von Bischkek aus unser Tandem nach Hause schicken. Den September wollen wir dann mit Rucksäcken die Highlights Chinas abklappern. Falls jemand Tipps hat, was wir unbedingt sehen müssen, gerne her damit (mail@tandemtotal.de).
Hallo Paul, hallo Johannes,
ich lese jetzt schon 3 Tage Euren Blog „nach“. Ich muss sozusagen „nachsitzen“ 🙂 Habe nämlich erst am Samstag von Eurer Reise erfahren. Die Oldie-Korbballerinnen haben sich nämlich mal wieder getroffen. Es ist sehr viel spannender als manches Buch was ich gelesen habe, Euren Berichten zu folgen. Sie fesseln mich und ich bin gespannt wie es weitergeht 🙂 Manches kling wie im Märchen, manches wie die Hölle und manches eben wie ein sachlicher Reisebericht. Ganz toll von Euch beiden was Ihr da leistet und Ihr den Mut aufgebracht habt, das anzugehen. Ich wünsche Euch noch ganz ganz viele tolle Erlebnisse und Begegnungen mit außergewöhnlichen Menschen. Fahrt umsichtig und bleibt gesund! Herzlichste Grüße Dagmar
Hi Dagmar, schön von dir zu hören, und sorry für meine verspätete Antwort. Wir freuen uns über jeden so begeisterten Leser :-). Vllt sehen wir uns dann ja auch bald Mal wieder in AB.
Liebe Grüße, Paul