Pirihueico bis Futsleufú (07.01. Bis 15.01.)

Wir sind die ersten, die morgens den schönen Wildcampingspot am Fluss verlassen und das trotz gemütlichem Frühstück.  Die Straße bis zur Grenze ist super angenehm leer und perfekt asphaltiert und auch die Ausreise klappt schnell und einfach.  Es gibt sogar kostenloses WLAN. Kurz darauf haben wir dann auch die Formalitäten auf argentienischer Seite erledigt, die Grenzbeamten sind Radreisende hier wohl gewohnt und so fahren wir auf argentienischem Boden weiter. Direkt an der Grenze ändert sich allerdings die Straße von gutem Asphalt auf holprigen Schotter. Nach einer Mittagspause am See ist es dann auch recht viel befahren mit Ausflüglern, die uns beim bergauf strampeln ordentlich einstauben. Aber zum Glück folgt auf jeden noch so harten Anstieg früher oder später eine Abfahrt. Immernoch auf holpriger Piste rollen wir also irgendwann erleichtert, eingestaubt und neugierig San Martin de los Andes entgegen. Im Ort direkt gibt es keinen Campingplatz. Aber es gibt eine weitere Option. Eine Familie stellt recht zentrumsnah ihren Garten und ihr Haus zur Verfügung. Es stehen schon einige Zelte im Garten als wir dort aufschlagen und wir dürfen unseres mit dazu stellen für knapp 20 Euro die Nacht. Wir nutzen die Dusche für die man einmal durch das Wohnzimmer der Familie laufen muss und können unsere Wäsche zum waschen geben. Dann ziehen wir los in die Stadt um Geld zu wechseln und eine Simkarte zu kaufen. Der Ort ist nobel und alles sehr teuer. Dafür gibt es auch Outdoor Equipment vom Skifahren übers Mountainbiken bis zur kompletten Campingausrüstung. Auf dem Weg begnen uns Sabine und Robert wieder, auch sie wollen im Garten übernachten. Wir erledigen unsere Besorgungen und gönnen uns ein Abendessen auswärts (Quiche mit Salat). Und dann kriechen wir wie fast jeden Abend hundemüde in unser Zelt.


Den nächsten Tag lassen wir langsam angehen,  die Wäsche muss noch trocknen und wir wollen einen nicht so langen und entspannten Radtag machen. Auch die Niederländer lassen sich Zeit und so kommen wir alle erst Mittags los und begegnen uns immer wieder auf der Straße.  Zum Glück ist es wieder Asphalt und die Steigung angenehm fahrbar, trotzdem spüren wir den letzten Tag noch in den Beinen. Am Nachmittag beschließen wir dann gemeinsam einen vom Nationalpark freigegeben Wildcampingplatz anzusteuern. Der ist gut besucht, aber wir finden noch Platz für unsere Zelte. Sabine und Robert kommen erst etwas nach uns an und haben zu unserer Freude eine Runde kaltes Bier für alle besorgt. Wir können noch einen Snack beisteuern und beschließen den Tag mit etwas Katzenwäsche im See, Onepotpasta und netten Gesprächen. 
Am nächsten Morgen sind wir wieder früher  fertig und fahren als erstes los. Die Straße führt wieder durch den Wald und an vielen Seen vorbei, nicht umsonst heißt dieser Abschnitt auch die sieben Seen Route. An einem von diesen (wir zählen deutlich mehr als sieben) verbringen wir eine ausgedehnte Mittagspause von zwei Stunden mit frisch gebackenem Brot, bestem Ausblick und WLAN. Danach rollt es sich mit neu getankter Energie besonders gut. In einem Ort gehen wir noch Einkaufen und entdecken Schokocrossiants. Dann machen wir uns auf zum nächsten Campingspot im Wald an einem schönen Bach. Nachdem wir unser Zelt aufgestellt haben und uns gerade gefragt haben wo eigentlich Sabine und Robert so sind, kommen die zwei mit ihren Rädern ums Eck. Wir kochen ein Curry mit Paste aus dem Asialaden in München. Danach bleibt noch kurz Zeit zum Lesen oder Tagebuch schreiben, bevor wir uns ins Zelt legen. Am nächsten Morgen merken wir, dass unser Bezin zum Kochen leer ist. Also gibt es weder Kaffee noch Tee und auch keine Instant Oats mit Milchpulver, heißem Wasser, Nüssen, Cranberries und Banane.  Zum Glück haben wir aber noch einen Kuchen aus dem Supermarkt, muss halt der herhalten. Das beschleunigt unseren morgendlichen Ablauf um einiges und wir brechen auf als die anderen gerade erst aufstehen. Nach Bariloche sind es noch 70 km, also gut machbar. Leider ist die Strecke aber auch von vielen Lkws und Bussen frequentiert. Das kann den Genuss der schönen Landschaft schon mal trüben.  Deswegen machen wir nicht so viel Pause und kommen schon mittags in Bariloche an. Die Perspektive auf ein richtiges Bett und einen Ruhetag treibt uns sogar die steilsten Berge der Stadt hoch. Plan für den radfreien Tag ist ein Paket mit ein paar Dingen, die wir es später auf der Reise brauchen werden ganz in den Süden von Argentinien zu schicken und zu entspannen. Natürlich müssen wir aber auch die Stadt erkunden, leckeres Essen probieren und in ein paar Geschäfte schauen. Bariloches Hauptplatz soll ein bisschen aussehen wie in der Schweiz und es gibt viel Schokolade und sogar ein Fondue Restaurant. (Wer etwas mehr Background Infos zu Bariloche und Umgebung möchte, dem empfehlen wir den Podcast „Off the path daily“ über Bariloche). Wir ziehen dem Fondue aber argentienisches Flank Steak vor. Am zweiten Abend in Bariloche haben wir nochmal Gesellschaft. Sabine und Robert wählen vorerst einen anderen Weg um weiter zu fahren. Daher treffen wir sie zu einem letzten gemeinsamen Abendessen.

Nach Croissants zum Frühstück (die können sie hier wirklich recht gut) brechen wir auf Richtung Süden. Zuerst wieder entlang eines Sees und dann entlang des nächsten Sees, immer wieder vorbei an Campingplätzen. Es folgt ein längerer Anstieg und in der Ferne sehen wir die Berge in grauen Dunst gehüllt. Als wir kurz anhalten und mit einem entgegenkommenden italienischen Motorradfahrer sprechen bestätigt sich unsere Befürchtung – es handelt sich um Rauch von einem Waldbrand.  Auch wenn er sagt der Brandherd ist weit weg von der Straße habe insbesondere ich auf der Weiterfahrt wilde Szenarien im Kopf, wahrscheinlich auch den Bildern aus Kalifornien geschuldet, die am Morgen im Frühstücksraum im Fernsehen zu sehen waren. Zum Glück beschränkt sich unser Kontakt aber auf ein bisschen rauchige Luft. Sobald wir den Pass erreichen, lassen wir auch die wieder hinter uns und rollen an teilweise bereits vor einiger Zeit verbrannten Wäldern ins nächste Flusstal. Dort machen wir Brotzeit an einer Picknickstation für Rafting Ausflüge im Schatten, froh dem Rauch entkommen zu sein. Am Nachmittag geht es wieder bergauf, aber wir haben richtig guten Rückenwind und machen ordentlich Strecke. Nach einem weiteren Stop mit Eis und Cola (Zucker und Kalorien gehen immer gut) sind wir noch so motiviert, dass wir immer noch mit dem Wind im Rücken direkt nach El Bolson weiter fahren. 120 km mit 1400 Höhenmetern haben wir somit an diesem Tag geschafft.

Das Ziel dort ist ein Motorrad Club, den wir auf warmshowers.org gefunden haben. Dort dürfen nicht nur Motorradreisende, sondern auch Radreisende kostenlos übernachten.  Der Besitzer und seine Tochter sind super nett und wir können mal wieder unser Spanisch testen. Trotz des liebevoll chaotischen Gartens brechen wir gleich nach unserer Ankunft wieder auf, den lokalen Kunsthandwerkermarkt besuchen. Dort gibt es Schmuck, Gewürze, Töpferwaren, Holzschnitzereien und noch vieles weitere. Paul interessiert sich allerdings am meisten für das Bier. Schließlich befinden wir uns in einer Brauereiregion. Es gibt viel Auswahl und die Dosen haben ein sehr schönes Design. Danach gehen wir zurück zum Motorrad Club – warm duschen, um danach zum Abendessen aufzubrechen. El Bolson ist recht alternativ und so komme ich zu einem Veggie Burger, während Paul ein klassisches argentienisches Gericht probiert. Milanesa a la Napolitana. Ein paniertes Kalbsschnitzel mit Tomaten und Käse überbacken.  Danach schlendern wir noch durch die Stadt, denn es gibt viel zu entdecken. Am besten gefällt unser aber der Platz an dem Tango getanzt wird. Wäre nichts für uns, aber wir schauen gerne zu. Gegen 22.00 Uhr am Abend sind wir dann wieder an unserer Übernachtungsstätte. Nur ins Bett wollen wir noch nicht, denn es gibt ein kleines Lagerfeuer und wir sind interessiert am Austausch mit unseren Gastgebern und anderen Reisenden. Wir unterhalten uns noch etwas und krabbeln dann wirklich sehr müde, aber glücklich in unser Zelt.
Am nächsten Tag sind die Beine dann doch schwer, aber wir haben bereits ein Tagesziel ins Auge gefasst. Trotz langem Vortag kommen wir gut voran und machen Mittagspause in einer Touristeninfo, von denen es hier richtig viele gibt.  Wieder auf dem Rad wird unser Ziel schon 20 km vor Ankunft angekündigt.  Eine Casa de Ciclista, eine Unterkunft extra für Radreisende.  Wegen der Kilometer Hinweise kommen wir darauf, dass wir Raddistanzen, gerade wenn es zäh wird, gerne mit uns bekannten Alltagsstrecken vergleichen. Ich mit dem Weg zur Arbeit oder den Höhenmetern zur Hochschule,  Paul sogar noch mit seinem alten Schulweg. Also noch 4 mal zur Schule fahren,  dann sind wir da :-). Natürlich bewältigen wir auch den Weg, trotz müder Beine und schmerzendem Hintern. In der Casa de ciclista dürfen wir unser Zelt im Garten aufstellen und den super schönen Aufenthaltsraum mit Küche, sowie Sanitäranlagen nutzen.  Nach etwas Wäsche waschen, kurzer Yoga Session und selbstgekochtem Curry lege ich mich müde direkt ins Zelt während Paul sich noch eine Weile mit dem Gastgeber austauscht.

Neuer Tag,  neues Glück . Das Wetter zeigt sich immernoch von seiner besten Seite.  Wir radeln auf Schotter Richtung Nationalpark Los Alerces und genießen bei einem zweiten Frühstück mit süßen Teilchen vom Bäcker den Blick übers Tal.  Auch die Ausblicke im Nationalpark sind sehr schön und bei unserer Brotzeit am See treffen wir Iris und Martin aus der Schweiz auf ihren Rädern. Wir haben nicht das gleiche Tempo, treffen uns aber auf dem gleichen Campingplatz und verbringen gemeinsam einen schönen Abend an welchem wir das erste Mal auf der Reise zu zweit 500 g Nudeln verputzen.
Als wir am nächsten Morgen aufwachen regnet es das erste Mal. Aber es hört zum Glück schnell wieder auf und unsere übliche Morgenroutine verzögert sich nur geringfügig. Wir radeln noch eine Weile durch den Nationalpark und erreichen zur Mittagszeit Trevelin. Hier stärken wir uns in einer Bäckerei und machen uns auf den Weg zur Grenze zurück nach Chile. Der Nachmittag wird richtig hart, die Straße ist eine schlechte Schotterpiste und man könnte wohl von Gegensturm statt Gegenwind sprechen. Wir ziehen die Strecke ziemlich straff durch, denn Spaß macht es keinen. Eigentlich schade, weil die Landschaft sehr schön ist. Auf den letzten Meter werden wir noch aus dem Auto heraus voller Elan von einer Großfamilie angefeuert. Und dann erreichen wir am späten Nachmittag die Grenze. Vollkommen eingestaubt und erledigt verlassen wir Argentinien wieder, scheinbar legt dieses Land keinen großen Wert auf eine gute Anbindung nach Chile, so schlecht wie der Zustand der Straßen zur Grenze hin ist. An der chilenischen Grenzstation müssen wir mehrere Stationen abklappern, bevor wir ins Land dürfen. An einer werden wir gefragt: „Will you stay together forever?“ Und wir schauen erst die Grenzbeamtin und dann uns gegenseitig etwas irritiert an. Diese Entscheidung hatten wir nicht geplant am chilenischen Grenzposten zu treffen.  Natürlich klärt sich alles, die mangelnden Englischkentnisse der Grenzbeamtin waren das Problem (oder unsere mangelnden Spanischkentnisse?). Sie wollen nur wissen ob wir planen gemeinsam durch Chile zu reisen und ob wir auch gemeinsam wieder ausreisen werden. Soweit können wir uns festlegen und haben bald schon wieder besten chilenischen Asphalt unter den Reifen.