Punta Arenas nach Punta Arenas (13.02. bis 26.02.)
Unsere Fähre von Punta Arenas nach Porvenir startet zum Glück um 9.00 Uhr morgens. Sehr humane Uhrzeit. Wir fahren noch beim Bäcker vorbei und rollen dann gemeinsam mit einem jungen französischen Pärchen aufs diesmal recht große Schiff. Zwei Stunden schaukeln wir gemütlich über die Magellanstraße. Perfekt um nochmal einzudösen oder wie Paul aufs Meer zu schauen (immer im Hinterkopf: Könnte man hier Kitesurfen?)
Als wir um 11.00 Uhr auf Feuerland ankommen geht es direkt in den Sattel, denn unser Tagesziel ist noch über 90 km entfernt. Es geht teilweise direkt am Meer entlang, bergauf und bergab auf Schotter und mit immer besser werdendem Rückenwind. Aber es ist kalt und zwischendrin regnet es auch. Für die Mittagspause verstecken wir uns im Windschatten einer Fischerhütte und essen schnell um nicht auszukühlen. Zu unserem Glück kommt am Nachmittag eine Baustelle in Sicht. Es wird eine neue Straße aus Beton gebaut. Wir sehen wie das Material dafür direkt neben der Straße abgebaut wird und fahren am Mischwerk vorbei. Für uns ist es genial. Wir können alleine auf perfekt glatter Straße fahren und der Wind schiebt von hinten an. Allerdings ist er so stark, dass zelten definitiv nicht in Frage kommt. Aber aufgrund der vielen verrückten Radfahrer hat die Region vorgesorgt und Hütten zum Schutz vor Wind aufgestellt. An zwei fahren wir vorbei, die sind leider ganz schön zerstört, Fenster kaputt, Türen geklaut und teilweise zugemüllt. Da fragt man sich echt welche Idioten da am Werk waren, wo wir doch mitten im Nirgendwo sind. Die Hütte, die wir ansteuern ist zum Glück noch ganz gut in Schuss. Der Holzofen wurde wohl geklaut und Leute haben ihren Müll in die Trockentoilette geworfen. Aber man ist sicher vor dem Wind. Einziges Manko: Wir sind nicht die Ersten. Die besten Plätze auf der Empore sind schon belegt. Dennoch freuen wir uns, denn es handelt sich um bekannte Gesichter. Beth und John aus den USA. Zuletzt haben wir die beiden 10 Tage zuvor vor El Chalten gesehen. Wir beziehen den unteren Bereich und damit ist die Hütte voll.
In der Nacht blässt der Wind die Wände wackeln und weht auch noch am nächsten Morgen unermüdlich. Eigentlich genau in die richtige Richtung, wenn wir nicht eine kleine Extrarunde zu einem Königspunguin Resevart drehen wollten. Also nehmen wir starken Seitenwind in Kauf und radeln 15 km am Pazifik entlang. Wir sind extra fast zwei Stunden bevor unser reservierter Termin ist losgefahren, da wir uns nicht sicher sind, wie wir mit dem Wind zurecht kommen. Nunja, so stehen wir eine Stunde zu früh vorm verschlossenen Einfahrtstor. Immerhin bietet das etwas Windschutz und wir ziehen alle warmen Sachen an, die wir haben. Zu unserem Glück werden wir wenig später eingeladen. In das einzige vor Ort geparkte Fahrzeug. Ein Expeditionsmobil aus Deutschland. Wir bekommen heißen Kaffee, erhaschen einen ersten Blick auf die Pinguine mit dem Fernglas und tauschen uns über unsere Reisen aus. Die Beiden haben ihr Haus verkauft und sind seit drei Jahren unterwegs. Um 10.00 Uhr dürfen wir dann rein. Eine Stunde lang können wir die Königspunguine und ihre Babys beobachten und dem Ranger viele Fragen stellen. Dabei peitscht uns der Wind um die Ohren wie verrückt. Nach diesem eindrücklichen Erlebnis fahren wir wieder zurück Richtung Windshelter, diesmal mit dem Wind von der anderen Seite. Aber die Anstrengung hat sich gelohnt finden wir. In unserer bekannten Übernachtungsstätte machen wir Mittagspause. Die wird kurz unterbrechen, als vier Motorradfahrer mit hinzu kommen und dann auf unsere Empfehlung hin auch zu den Pinguinen fahren. Mit Motor ja nicht so schwierig :-).
Wir lassen uns danach Richtung argentienischer Grenze wehen. Am Straßenrand sehen wir immer wieder Guanacos, oft lebendig, leider manchmal auch überfahren oder im Stacheldrahtzaun verendet. Als wir an einem Restaurant für ein Getränk anhalten treffen wir die Franzosen von der Fähre wieder und kurze Zeit später begegnen sie uns wieder. Direkt an der argentienischen Grenze gibt es einen Warteraum mit Küche, in welchem Radreisende übernachten dürfen. Es gibt sogar eine warme Dusche. Mit uns das französische Pärchen und ein Paar aus den Niederlanden, die seit 4 Jahren in Rente sind. Und dann ist da noch der Sandwichverkäufer, der in diesem Raum lebt. Paul kauft ihm ein Bier ab, dass er im Duschraum lagert und wir versuchen ein bisschen mit ihm zu sprechen. Er ist nur in der Hochsaison da und verkauft täglich circa 150 belegte Brötchen. Die finanzielle Not der Menschen im Land macht erfinderisch. Leider hat der Mann keinen mit unseren vergleichbaren Schlafsäcken und dreht nachts die Gasheizung auf Anschlag.
Das führt dazu, dass wir diesen verrückten Ort recht früh und überhitzt verlassen. Gestern noch am Pazifik radeln wir jetzt an der Atlantikküste entlang. Diesmal passt der Wind nicht ganz so gut und kommt viel von der Seite. Das gestaltet die gut 80 km zur nächsten Stadt als ganz schön anstrengend. Meist fahren wir ca. 20° zur Seite geneigt. Zum Glück finden wir einen Windschutz für unsere Mittagspause hinter einem Haus in der Sonne. Trotzdem sind wir sehr froh, als wir am Nachmittag in Rio Grande ankommen. Für diese Stadt haben wir von einer Tramperin eine Hostelempfehlung bekommen. Die Informationen beschränken sich für uns allerdings auf einen WhatsApp Kontakt, eine Google Maps Markierung und dass es auf Spendenbasis arbeitet. Alles ein bisschen dubios. Wir wollen es trotzdem versuchen, was aber 6 km gegen den Wind bedeutet. Vor Ort stellt sich raus, dass das Hostel eine große, lichtdurchflutete Lagerhalle ist. Die Eigentümer sprechen kein Englisch, aber verrückterweise sind die Motorradfahrer da, denen wir den Besuch bei den Pinguinen empfohlen haben und die können dolmetschen. Alles ist recht neu und sauber und es gibt noch freie Betten für uns. Wir sind froh den Weg auf uns genommen zu haben. Das Hostel wird von einem reisefreudigen Ehepaar betrieben und finanziert sich durch Spenden die Gäste da lassen. Hier bleiben wir zwei Nächte. Hauptsächlich aufgrund des Windberichts, der für den übernächsten Tag deutlich besser aussieht. Wir bekommen zusätzlich schon viele gute Tipps für Kolumbien von den Motorradfahreren.
Nach unserem Ruhetag starten wir wieder motiviert auf die vorletzte Etappe nach Ushuaia. Der Wetterbericht ist für die nächsten zwei Tage ganz gut und das wollen wir nutzen. Es geht weiter durch die Pampa und irgendwann setzt leichter Nieselregen ein. Um die Mittagszeit überholen wir Beth und John. Wir tauschen uns kurz aus und fahren dann weiter, denn wir haben für den Abend das gleiche Ziel. Unser Übernachtungsplatz ist diesmal das Lager einer Bäckerei. Der Besitzer ist großer Freund von Radfahren und lässt seit Jahren Radreisende zwischen den Regalen mit Lebensmitteln schlafen. Ein alter Backofen mit Gas dient als Heizung, es gibt ein Bad mit Dusche und Abspülen darf man dort wo Sandwiches belegt und Torten dekoriert werden. An diesem Nachmittag treffen dort 15 Radreisende ein, was den Lagerraum diesbezüglich fast an seine Kapazitätsgrenzen bringt. Jeder findet aber ein Plätzchen und wir verbringen den restlichen Tag damit mit Dulce de Leche gefüllte Churros zu essen und uns mit den anderen Radfahrern auszutauschen. Darunter sind unteranderem wieder Jana und Dries aus Belgien, die Franzosen von der Fähre, John und Beth und sogar ein weiterer Münchner. Der Abend endet tatsächlich mit Diskussionen über die anstehende Bundestagswahl in Deutschland vorm Brötchenofen mit selbstgekochter Pasta. Alles andere als alltäglich.
Natürlich decken wir uns am nächsten Morgen auch noch mit leckeren Teilchen ein und brechen mit vielen anderen in Richtung der südlichsten Stadt der Welt auf. Die letzten 100 km gestalten sich nochmal sehr abwechslungsreich. Eine Zeit lang fahren wir im belgischen Kreisel (mit belgischer Beteiligung) um dem leichten Gegenwind zu trotzen. Dann lockern Berge und Seen die Landschaft auf und an einem Pass mit tollem Blick essen wir Brötchen mit Thunfisch und Käse. Die Strecke macht richtig Spaß und doch reicht es dann nach guten 100 km und 1000 Höhenmetern und es ist ein gutes Gefühl unser erstes großes Etappenziel zu erreichen. Hier verweilen wir ein paar Tage, ruhen uns aus und machen eine richtig schöne Wanderung zu einem Gletscher.
Wir verlassen Ushuaia mit dem Bus und fahren zurück nach Punta Arenas. Oft schauen wir auf die Straße und erinnern uns wie sich der Teil der Strecke mit dem Fahrrad angefühlt hat (definitiv anders :-)). Auch in Punta Arenas haben wir noch ein paar Tage Zeit. Wir sind im gleichen Hostel wie zwei Wochen zuvor und lernen viele nette Reisende kennen – einige kennen wir noch vom letzten Mal. Außerdem nehmen wir einen Tag einen Mietwagen und fahren mit Beth und John aus der Stadt raus. Auf einer Wanderung entlang der Küste sehen wir Delfine und einen Magelanspecht. Dabei sind wir ein letztes Mal dem sehr wechselhaftem patagonischen Wetter ausgesetzt. Denn dann steht unser Flug nach Arica in den Norden von Chile an.